MALEREI
Australia
Inhaltsverzeichnis
Australien war in vielerlei Hinsicht speziell. Vor allem, weil es für mich lange nicht wirklich ein Ort, sondern vor allem eine Idee war: Noch in der Primarschule wünschte ich mir zu Weihnachten eine 1.80 auf 1.30 Meter grosse Schullandkarte von Oz, die man aufrollen und aufhängen konnte und hatte sie fast meine ganze Jungend über irgendwo an einer Wand. Von dort bis zum Lesen von Patrick Whites ,Tree of man’ [1] setzte ich mich mit dieser Welt, in der es Kängurus, Schnabeltiere und Kakadus geben soll, auseinander. Irgendwann war mir klar, dass von den 10 tödlichsten Schlangen 8 dort zu erwarten sind und dass ,Salties’ – Salzwasser Krokodile – Jahr für Jahr weit mehr Menschen fressen als es Haie tun. Aber selbst nach dem, was White mir über die Abgründe, welche sich auf diesem Kontinent in Menschen auftun, erklärt hatte, blieb ich fasziniert. Deshalb stand von Anfang an fest, der Weg von Santa Fe nach Basel hatte über Australien zu führen. Später, längst in Sidney, erklärte mir mein Freund Phillip [2], dass, während in den USA in erster Linie ‚Greenhorns‘ im Westen umkamen, keiner der grossen australischen Entdecker seine Reisen auf Dauer überlebt hatte. Am Tag O stieg ich dann um 3 Uhr morgens in mein Auto und fuhr über unterschlagene ‚Dream Time Pfade‘ hinaus ins Ungewisse..
Die Weissen sprechen von einem ‚Schatten im Land’, einem deutlichen Gefühl, dass Natur und Erde dort uns Menschen schlicht nicht zur Kenntnis nehmen und das war, wenn ich beim Autofahren im Busch aus dem Fenster sah, deutlich zu spüren. Seltsam war, dass das Land auf seine Art trotzdem einen rudimentären Dialog mit mir zu führen schien, den ich spürte, aber nicht einordnen konnte. Alles in allem fühlte ich mich wiedermal ‚geführt‘ und das schützte und begrenzte mich, wie sonst auch, und erlaubte mir, in 3 Tagen jeweils 2 Zeichnungen auszuführen, ohne gross an Müdigkeit zu denken, jedenfalls bis Brisbane hinter mir lag.
Unterwegs hinterliess das Land als ‚Land’ in mir zusehends einen Eindruck, der mit nichts zu vergleichen war und der keinerlei Bezug weder zu Europa noch zu Nordamerika hatte. Dies war ein eigener Planet, der mich trotzdem knapp zu dulden schien – und was ich sonst noch an praktischem Wissen wirklich brauchte, hatte Phillip mir unmissverständlich in den Wochen vor der Abreise in den Schädel getrommelt. Abgesichert ist hier wenig, aber genau das machte jene Faszination aus..
Was jedoch blieb, war die Frage, inwiefern Schweizer, ohne je dort gewesen zu sein, eine authentische Darstellung einer dermassen anderen Welt überhaupt als ‚real’ anerkennen würden. Oder eher, wie musste ich, was sich vor mir auftat umsetzen, sodass die Blätter auch ausserhalb ihres geographischen Zusammenhangs nachvollziehbar blieben. In dieser Zeit interessierte ich mich für die Mechanik des Erinnerns: Wir sehen etwas, oder – in dem Fall – einen Ort, gehen weiter und irgendwann kommt uns ein Bild zurück. Wir haben diesen Ort irgendwie ‚gespeichert‘. Also, wie falten und entfalten wir Bilder, damit wir sie als real erkennen? Ich hatte wiederholt erlebt, wie Sammler am nächsten Tag etwas gehetzt ins Atelier zurückkamen, weil sie in der Nacht ein Bild verfolgt hatte. Wir gingen durch die Mappen, ohne es jedoch zu finden: Sie hatten sich nicht an eine Zeichnung erinnert, sondern an das, was diese in ihnen auslöste und hatten aus diesen Erinnerungen etwas Neues zusammengeschustert. Diese Mechanik schien also beeinflussbar.. Mit anderen Worten: Wie musste mein Australien aussehen, dass es sowohl Schweizer wie Australier überzeugen würde..?
Was konnte ich in dieser Situation anderes tun, als zum zweite Mal ebenso bedingungslos einem sich abspulenden Faden zu folgen, ohne weitere Zweifel zuzulassen? [3] Allerdings war meine Mutter dann doch etwas verunsichert, nicht weil sie den Bildern nicht folgen konnte, sondern weil sie sich einredete, dass dies doch Australien sei und sie deshalb keine Beziehung zu den Mappen haben könne… Die 12 Ölbilder fand sie jedoch dann wieder ‚ganz normal‘. Während der Ausführung dieser Serie in Öl hatte ich in klaren Strichen eine vage an Malevich [4] erinnernde Vorzeichnung auf der Leinwand zum Skorpion gezogen, als Schweizer Freunde, die mich im Atelier besuchten, mich baten, diese doch so zu belassen, da das doch moderner und somit kommerziell sinnvoll sei. Nun ja… Gewisse Kommentare verdienen ein freundliches Lächeln. Ansonsten schenken meine Freunde und Sammler mir das übliche Interesse, aber das Problem blieb für kurze Zeit latent vorhanden, denn selbst ein glaubhaftes Australien verunsicherte erst mal, da man es nicht einfach festmachen konnte. Es würde etwas Zeit brauchen.. Aber immerhin verkaufte ich fast mehr als mir recht war und eine australische Agentin nahm so 13 Arbeiten wieder zurück, um sie zu verkaufen.. Aber ich wusste, es gab kein zurück, sondern dass ich zuhause angekommen war und sich die Spielregeln nun drastisch ändern würden..
1 OZ Honey Moon Cove 1992
2 OZ For A. Namatjira Inman Vally
3 OZ For C. Lorraine Inman Vally 1992
4 Petal Bay South OZ 1992
5 Junge Wüsteneichen OZ Red Center 1992
6 Alexandra Reef. Port Douglas OZ 1992
7 Blick über die Atherton Table Lands 1992
ERGO SUM 2
Dieser ist der erste von drei Texten, welche sich mit unterschiedlichen Aspekten von dem, was sich ‚Prozess‘ nennt, auseinandersetzen. Dies hier ist ein Überblick, der sich zu einem grossen Teil mit meinen literarischen Texten abgibt. Der zweite Teil, welcher sich auf die visuelle Bildsprache fokussiert, ist Im Ordner 7 OZ unter dem Titel ‚Die Mechanik visueller Metaphern im Affekt..‘ zu finden. Der dritte Teil, 12 Öl, gibt sich mit dem Farbauftrag und der Anwendung von ‚Push and Pull‘ ab. Alle drei Teile bilden ein Ganzes, können aber auch einzeln gelesen werden. Um die visuelle Entwicklung aufzeigen zu können, beschränke ich mich im 3. Text auf meine Ölbilder..
Selbst bei einem beiläufigen Spaziergang durch diesen Wald meiner Arbeiten macht es den Anschein, dass gewisse Vorstellungen und Bilder immer mal wieder an die Oberfläche dringen. Sie sind meist nicht besonders unterstrichen und fallen über die Jahrzehnte bloss durch ihre Wiederholung auf, aber letztlich halten sie alles zusammen..
Die Mechanik visueller Metaphern im Affekt..
In ‚Ergo Sum‘ steht wenig Konkretes über visuelle Metaphern, da diese noch schwieriger zu entschlüsseln sind als jene in Texten, die immerhin ja noch mit Worten arbeiten. Die abgeschlossene Serie der ‚Sternzeichen’ erlaubte hier bis zu einem gewissen Punkt eine Offenlegung, mindestens des asiatischen Einflusses, auf die Malerei: Die bedingt symbolträchtigen Anspielungen in Tankas kennen in den Ölbildern ein Gegenüber in ebenfalls nur verwischt lesbaren Metaphern. Was das heisst, versucht dieser Text zugänglich zu machen.
Als ich wieder in der Schweiz lebte, führte mich mein Interesse an ‚morphologischen Feldern‘ zu einer Auseinandersetzung mit der ‚agrarischen Bedeutung vom ‚Astrologischen – (so genannten) Sternzeichen‘. Es ging mir allerdings nicht um ‚Horoskope‘, sondern eher darum, inwiefern diese Zeichen – deren Dokumentation bis zur Zeit der Veden [5] zurückgeht – die Aufgabe nicht nur für Bauern übernehmen konnten, den Ablauf eines Jahres in einen morphologischen Aufgabenbereich zu ordnen. [6]
Aber erstmal zum ‚Elefanten im Raum‘ [7]: ‚Gott‘ drückt sich in ‚Leben‘ und ,Leben’ in ‚Liebe‘ aus und ,Liebe’ ist die einzig vernünftige Form einer menschlichen Beziehung. Dies ist das unbeweisbare Grundkredo, will man über mehr als das Offensichtliche nachdenken. Dazu sagen die Buddhisten allerdings, dass, ob es Gott nun gibt oder nicht, man sich trotzdem anständig aufführen müsse.. Richtig! Der Inhalt aller ’religiösen’ Texte kann deshalb insofern zusammengefasst werden, als dass sie versuchen zu erklären, was Anstand für sie und im jeweiligen Detail [8] heisst.
Beziehungen jeder Art – zwischen Menschen oder zwischen Farben – unterliegen scheinbar einer konsistenten Mechanik, welche nach der Zeit, als ich in London das ,Dao de Jing’ [9] entdeckte, sich allmählich in meinen Umgang mit Farben einschlich. In dem Sinne war auch ‚Astrologie‘ etwas Neutrales für mich, das morphologische Feld, das sie schlägt, würde mir erst mal die Möglichkeit geben, meine Metaphern zu orten und ordnen und das war nützlich. Damit kann ich nun gleichzeitig eine konkrete Anwendung des Einflusses einer asiatischen Sicht der Dinge im visuellen Teil meiner Arbeit ausführen..!
Das astrologische Rad bricht in 12 Sternzeichen auf, von denen je 3 einem Element [10] zugeordnet sind. Zum Beispiel kommt Feuer im Widder als Funke, brennt im Löwen und wird im Schützen zur Glut. Ohne weiter auf all dies eingehen zu wollen, reicht es zu sagen, dass diese Bedeutung parallel zur agrarischen Aufgabe der Zeichen läuft: So steht ,das Feuer’ des Löwen für das Reifen der Pflanzen in der Hitze des Hochsommers [11]. Zuvor deckte der Funke des Widders deren Durchbruch an die Oberfläche ab und all das kommt als ‚Glut‘ im Schützen zum Winterschlaf. Auf diesen wechselseitigen Abhängigkeiten beruhend, entwickelte sich über Jahrtausende ein komplexes System, welches so genug Zeit hatte, sich zu definieren, während es unsere und andere Kulturen begleitete. Deshalb kann im Hintergrund eine genügend komplexe Formsprache vorausgesetzt werden. Es ging mir dabei weniger darum, was diese ist, sondern, dass ich mich blind auf ihren ‚Tiefgang‘ verlassen konnte.
Insofern diese 12 Zeichen ein ‚morphogenetisches Feld‘ bilden, heisst das, jedes von ihnen verbindet sich mit all den anderen zu einem Ganzen, das so über die einzelnen Teile hinausweist. Genauso interessant fand ich den Rhythmus ihrer Bedeutungen in chronologischer Folge. Zum Beispiel: Von der Hitze des Löwen, weiter zur Situation der ‚sich den Notwendigkeiten der Ernte unterwerfenden‘ Jungfrau und noch weiter zur Ruhe und Kreativität der Waage im Altweibersommer. Aber ‚genug des Unfugs’..
Zunächst mal das System als solches:
Der Widder | Feuer | Die Pflanze kommt aus dem Boden |
Der Stier | Erde | ‚Der Baum wächst‘ |
Der Zwilling | Luft | Das Erblühen |
Der Krebs | Wasser | Die Befruchtung |
Der Löwe | Feuer | Das Reifen |
Die Jungfrau | Erde | Die Ernte |
Die Waage | Luft | Ruhe, Zeit haben |
Der Skorpion | Wasser | Der Tod und das Weiterleben im Kern |
Der Schütze | Feuer | Der Winterschlaf |
Der Steinbock | Erde | Im Kern nimmt die Pflanze Form an |
Der Wassermann | Luft | Das Warten im Vorfrühling |
Die Fische | Wasser | Unter der Erde bricht der Kern auf |
Das war die Ausgangslage. Ich hatte mich schon ein paar Jahre für Astrologie als einen ernsthaften Versuch, Leben zu ordnen, interessiert, sodass sie nun anwendbar und hilfreich sein und gleichzeitig etwas über das Wesen der unterschiedlichen Stadien von Existenz aussagen konnte. Auf jeden Fall zeigte sie sich als eine brauchbare Orientierungshilfe, um etwas in der Hand zu haben, ohne das Rad neu erfinden zu müssen. Wie bei den Tankas geht es wieder darum, all dies weder zu bewerten, noch zu übersetzen, sondern einfach zu sehen, was es hergibt, wenn man es zulässt. Die Bilder hatte ich ja schon ausgewählt, also sah ich das Material behutsam [12] durch und war erstaunt, wie, mit einer Ausnahme [13], alles an seinen Platz rutschte.
Es war einer jener Momente, in dem es nicht viel anders zu tun gibt, als einfach weiter zu arbeiten.. Das Entscheidende geschieht immer erst in dem Moment, in dem der volle Pinsel die Leinwand berührt. Alles andere ist nur ein ‚Aufgleisen‘ und darüber kann man vernünftigerweise ja reden..
Der Widder | Feuer | Die Pflanze kommt aus dem Boden |
Dieser Moment wird mit dem bewussten Erwachen des Egos oder der Pflanze in Beziehung gebracht: Etwas drängt nach oben und behauptet sich.. Fast schon banal, wie im australischen Zusammenhang ‚der Uluru‘ [14] sich als Ikone beider dort lebenden Nationen nach oben drängt. Er hat in seiner Erscheinung auf der grossen Ebene etwas Bestimmtes und sich selbst Bestimmendes. Die Spuren auf seiner Oberfläche belegen, dass und wie er zur Oberfläche hoch gedrückt wurde.. Dies gibt ihm gleichzeitig ein Erscheinungsbild von etwas, dessen Prozess noch nicht abgeschlossen ist.. [15]
Der Stier | Erde | ‚Der Baum wächst‘ |
Der Zwilling | Luft | Das Erblühen |
Der Krebs | Wasser | Die Befruchtung |
Der Löwe | Feuer | Das (selbstbezogene) Reifen |
Die Jungfrau | Erde | Die Ernte |
Die Waage | Luft | Die Ruhe; Zeit haben |
Der Skorpion | Wasser | Der Tod und das Weiterleben im Samen |
Die Jim Jim Falls im Kakadu Nationalpark gegen Ende der Trockenzeit. Hier verschwindet der Horizont vollständig nach oben [30]. Das ,Unter-gehen’, ‚to underg0‘, meint das Erdulden, hier das Ende eines Zyklus’ und den Beginn seines Gegenübers unter der Erde, das ‚Er-Leiden’: Im Skorpion stirbt die Pflanze und lebt weiter im Kern, Tod und Auferstehung. Nur letztes Licht weht noch verstreut hinunter. Dieser Ort sieht in der Regenzeit sehr anders aus [31] und liegt nun ,in seinen letzten Zügen’. Von oben her, über dem tiefen Loch, hinunter zum grossen Nada, gegen das jede Kreativität sich auflehnen muss, bläst etwas wie Gischt… Das blauschwarze Wasser wirkt unruhig. Bald kommt Regen! Das Wort ‚passio’ findet hier seine übliche Anwendung als die Leidenschaft, die (Bruder-) Schaft derer, die da Leiden, jene Quelle aller ‚Compassion‘, allen Mitleids, das zur Empathie führt. Etwas, das alle Wasserzeichen teilen.. Grün hat sich diese Erschöpfung zu Nutze gemacht und sich zwischen den Felsen durchgesetzt. Überall sind Zeichen von Hoffnung, vom grossen ,Trotz Allem’ zu sehen..
Der Schütze | Feuer | Die Winterruhe |
Ebenfalls im Kakadu Nationalpark gegen Ende der Trockenzeit, sucht sich dies Bild seine Auslöser über etwas verschlungene Pfade: Noch huscht unter dieser Savanne ein endloses ‚Verstecken, Jagen und Spielen, ein Fressen und Gefressen werden‘ durch. Doch bald wird das Wasser wieder steigen und in ein paar Wochen ist all dies nur noch ein endloser See, in dem sich mit den Wassern neue Lebensformen ausbreiten. Hier herrscht immer Winterschlaf für irgend etwas, irgend jemand.. Und immer herrscht das pralle Leben! Die Asche, welche noch von all den weitergezogenen Feuern geblieben ist, wird dann längst aus jeder Erinnerung gewaschen sein. Wie beim Widder und Löwen hat das Feuer auch hier die Funktion von Frost bei uns: Es bringt Leben zum Vorschein.. Ohne seine Zerstörung keine Zukunft. Das ist sicher eine eher tropische Anwendung von Winter und Schlaf und so nicht etwas, das für Europäer intuitiv liest; muss es in dem Fall ja auch nicht: Der Fels, der noch wie ein Stück Fleisch im Grün schwimmt, wird bald weitgehend im Wasser versunken sein und nur die beiden Bäume oben bleiben im Trockenen. Der Grashalm daneben hängt in De Chavannes ‚Winkel der Traurigkeit‘, nur in die andere Richtung… [32] Alles holt schon Luft und bereitet sich auf den grossen Regen, den unerbittlichen Monsun vor. Pflanzen ziehen sich unter das Wasser zurück und Lilien werden überall nach oben steigen. Irgendwo spielt gerade in dieser wechselseitigen Kompetenz die Idee der Meisterschaft, der Reise (nach aussen) mit, was gleichzeitig einem Reisen nach innen entspricht. Alles das gehört organisch ins Umfeld des Schützen..
Der Steinbock [33] | Erde | Im Kern nimmt die Pflanze Form an |
Ebenfalls in den Tropen, westlich vom Daintree Nationalpark, wo ich eben vorher einen Bambus Wald gezeichnet hatte, noch am Cape York [34] und mit Blick nach Nordosten: Der Samen verflüssigt sich unter der Erde und in ihm formt sich nun die spätere Pflanze. Die Idee der Ambition, einer Projektion in eine nahe Zukunft und so eine neue Version jenes ‚Willen zu Macht‘, zur Selbstverwirklichung, ist angezeigt. Die Erde ‚kommt‘ im Steinbock in einer schwarz/ weiss Spannung, geht im Stier dann eher ins Grau und in der Jungfrau in ein graues Hell und in allen drei spielen Wolken eine metaphorische Rolle. Das Gewicht der ,Erde’ beginnt hier, weist über scharfe Felsen hin, nach draussen, zu den Inseln im Meer. Weiter geht das Element zum Monolith des Stiers und schliesslich zum Sand und Salz der Jungfrau. In allen drei Bildern ist Sand, Silikon, Materie (auf Sanskrit: Karma) präsent, was wohl unbewusst lesen kann, sollte man Interesse haben. Ewig ‚nagt’ Wasser am Stein und verweist so auf jene Vergänglichkeit, die wir vom Raureif [35] ja kennen, der ja auch nur ein Zustand von Wasser ist. Hier schmilzt Stein in ewiger Zeitlupe und über drei Bilder verteilt. Im Steinbock ‚kommt‘ die Erde: Das Trennen von Land und Wasser folgt im alten Testament gleich nach dem Trennen von Tag und Nacht.. Dies liest als der Anfang einer Schöpfung, als Feuer, das fliesst.. Lava verhärtet sich im Wasser, wo das ewige Sich-Verflachen der Welle dann sein Spiel mit ihr treibt.. Die Inseln dort draussen könnten vulkanisch sein.. Die Wolken mahnen an Rauch, jedenfalls an etwas hoch Aufsteigendes.. So entsteht ein Eindruck, dass hier etwas verursacht wird und wurde, also im ebenso langsamen Entstehen ist und das wäre dann ja auch die richtige agrarische Einordnung.
Der Wassermann | Luft | Das Warten im Vorfrühling |
Was man damals noch ‚die Olgas‘ nannte, heute aber mehrheitlich ‚Kata Tjuṯa‘ heisst, (was nicht so leicht durchzusetzen ist, wie der Aborigines Name des Uluru) breitet sich vor uns aus. Der ausgewählte Teil dieser ‚Kugeln’ war für mich weder ethnographisch noch geologisch von Interesse. Alles war nur Landschaft, das etwas in mir auslöste: Der Wassermann deckt agrarisch das Warten im Vorfrühling ab. Erste wärmere Tage treffen ein, die zudem allmählich länger werden. Freude schwingt bei allen drei Luftzeichen irgendwie mit. Alle drei öffnen das Herz, der Wassermann vielleicht am meisten. Ich verliebte mich in diesen Hügel, als hätte es dort eine Ansammlung von bewohnten Dörfern, welche über sie verteilt eine kleine Stadt oder vielleicht sogar Festung bilden – jedenfalls einen gemeinsamen Raum, ein Ort, wo Menschen zusammen kommen. Das entspricht einerseits der agrarischen Bedeutung, andererseits aber auch dem ‚Age of Aquarius’, jener Zuneigung zur Gesellschaft, und das entschied sich lange bevor ich diese Zeichnung zuordnete oder an etwas wie morphologische Felder dachte. Alle Luftzeichen haben Weite: Flach erst in der Waage, in der die Luft ‚kommt‘. Hier noch am wenigsten, aber dieser mit Bäumen durchkonjugierte Raum hat etwas geradezu Humanistisches, das ihn beschreibt: Der Weg zur Stadt hinauf ist gesichert, Fröhlichkeit bleibt unbestritten und der Himmel, in dem Fall, ist sogar unverhangen. Zeigt der Raum der Waage über die Ebene, was das I-Ching dem Pferd zuordnet, weist derjenige des Zwillings durch den Himmel, was dem Drachen entspricht.. So wird über Facetten systematisch ein Ganzes erarbeitet.
Die Fische | Wasser | Der Keim bricht auf unter der Erde. |
Bevor das Ego voll erwacht, muss es wie ein Embryo Känguru, sich [36] erst in den Beutel hinauf arbeiten. Etwas bricht auf, das Unbewusste regt sich. Das Heimliche, Verdeckte kommt zum Zug. Der Bauer sollte beginnen, sich vorzubereiten, denn bald dringt die Pflanze im Widder an die Oberfläche und verlangt Aufmerksamkeit. Ein neues Jahr ist unterwegs, die Arbeit wird sich häufen. Gezeichnet nachts im Henbury Krater, gerade nördlich vom Uluru, hatte es dort selbst nachts ein paar Leute, selbst damals. Ich grüsste sie, aber es waren alle ‚Geeks‘ [37], die sich wunderten, warum ein Maler hier in der Dunkelheit arbeitete? Nicht sehr australisch! Der Mond hinter mir streifte die Gipfel der Bäume.. Drunten, das schwärzeste Schwarz: Mondschatten! Das Wasser geht in den Fischen, ein altes Jahr findet sein Ende.. Über allem: Sterne, als Welt übergreifendes Symbol der Hoffnung. Es war unheimlich dort, aber ich hatte nicht eigentlich Angst. Ich machte sogar einen ausführlichen Spaziergang, trotz der Dunkelheit und was auch immer dort dem ‚Rim‘ entlang mich erwartete: Ich war wach und ich fühlte eine Kraft um mich, oder was immer das war.. Ich weiss bis heute nicht, warum ich im letzten Moment und so kurz vor Alice Springs beschlossen hatte, nach Westen abzubiegen, kalt zu essen und im Auto zu schlafen. Ich hatte nur im letzten Moment ‚Crater‘ gelesen und wollte danach nicht umkehren.. Und dies war dann das erste Mal, dass ich meine Seitentüre offen liess und im Laufe der Nacht immer wieder der Milchstrasse – jenen ‘zig tausenden Sternen mehr als bei uns – zusah, wie sie alle paar Stunden sich um mich gedreht hatten: Da war ’was hier! Und es war vor einer Ewigkeit von dort draussen gekommen und hier mächtig eingeschlagen. Irgendwann setzte die Dämmerung ein und ich machte mich auf den Weg…
Ich mag mich wiederholen, trotzdem möchte ich an diesem Punkt das Puzzle noch einmal zusammenfügen: All dies oben mag durchaus von Interesse sein, entscheidend ist aber, dass – abgesehen vom Offenlegen einer Mechanik hier – es nur die Funktion hatte, mit etwas arbeiten zu können, das glaubhaft ein ganzes, in sich geschlossenes System beinhaltet. Es geht nur bedingt um Sternzeichen, auch wenn dies jeweils sofort Neugier weckt. Es geht darum, dass, wenn man in einem Raum mit allen Bildern in der richtigen Folge steht, man von einer eigenen, in sich stimmigen Wirklichkeit umgeben ist, welche letztlich alle Möglichkeiten einschliesst. Die Metaphern sind für die meisten Menschen unmittelbar unzugänglich, auf der intuitiven Ebene mag es eine andere Sache sein. Aber sie stützen und richten das farbliche Kraftfeld jedes Zeichens aus, damit eine ‚Ganzheit’ aus einer Vielzahl entstehen kann. Und um das geht es letztlich, auf das kommt es mir an..