Werke von Hans Kaspar Hort
1966 - 2024
Danksagungen an
Marisa Heckendorn
Ursula Huber
Nicole Hänger
Reto Kuhn
Tobi Huber
Gregor Altenburger
Simone Buchmeier
Pia Müller
Rosanna Heckendorn
Salome Hanauer
Im Grund ist eine Website ja dazu da, dass man schnell mal vorbeischaut, sich einen Eindruck macht, oder - je nach Markt - die wichtigsten Informationen ‘runter holt. Das geht hier selbstverständlich auch..
Allerdings ist nicht das, worin hier die Absicht liegt: Genauso wie Fast Food irgendwann die ‚Slow Food‘ Bewegung nach sich zog, ist das hier eine mögliche Antwort auf die überhitzte Banalität des Kunstmarkts [1]. Ihre Absicht ist es, Arbeiten aus über 50 Jahren in ihrem Kontext sichtbar und zugänglich zu machen. Offensichtlich verlangt so etwas von einem Betrachter ein Minimum an Aufmerksamkeit; was Kunst ja eigentlich auch sollte… [2]
Wie gesagt kann man hier, wie in jedem Laden, mal schnell rein hüpfen und Bananen holen.
Deshalb hat die Website Bananen Symbole , die immer wieder auf mögliche Abkürzungen hinweisen oder Kurzinformation anbieten.
All jenen, die jetzt immer noch am Weiterlesen sind, schlage ich vor, dass sie sich einen Wagen nehmen und mehr oder weniger gemütlich durch das Labyrinth von Gängen und Angeboten spazieren. Dabei hilft es, quasi nach oben zu sehen, wo grosse schwarze Schilder ankündigen, was sich unter ihnen so ansammelt: Dies entspricht im Groben der Funktion dieses Textes!
Für Unbedarfte ->
Eine Gebrauchsanweisung.
Mit Absichtserklärung und Bananen!
Unter dieser Einführung stehen die beiden Teile meines Buchs ‚Auf der Suche nach einem verschwindenden Planeten’, daneben mein CV und der ‚Ergo Sum’-Text zum Prozess über den die hier gezeigten Arbeiten ihre Form gefunden haben. Die Bücher können als komplexer Zugang zur Website verstanden werden: Das wäre also eher die Feinschmecker-Abteilung. Zwischen dieser und den ‚Bananen‘ steht das Ergo Sum. Darin informiert man sich erstmal über das ,Wer’, das ‚Warum‘ oder das ‚Wie‘.. Man kann aber gerade so gut all dies ignorieren und einfach direkt einer der 3 Hauptgänge anklicken:
Was all dies verbindet, ist mein Leben. Deshalb steht im Zentrum dieser Website jenes zweiteilige Buch,[3] das die Form eines fortlaufenden Lageberichtes einnimmt, indem es Reisen und Orte beschreibt, an denen ich gelebt habe und im 2. Teil zunehmend dann meine Zeit zurück in der Schweiz. Eine Biographie ist dies nur bedingt [4]. Der leichte politische Gegenwind im Titel ist ebenfalls nicht der eigentliche Zweck der Übung.
Wären die Bücher chronologisch geschrieben, würden sie damit beginnen, wie meine Grussmutter wegen der Spanischen Grippe nicht nach Nordamerika auswandern konnte [5], durch die Zeiten von HIV gehen und heute mit Corona enden. Was immer das meint, sind dies nunmal die Klammern, welche meine Zeit umspannen. Die Bücher interessieren sich aber eher für all die Menschen, welche ich getroffen habe, wie sie sich verhielten, die Richtungen in welche sie sich entwickelten und den Umgangston, mit dem all dies seinen Lauf nahm. Noch mehr geht es darum, wie sich Vorstellungen und Prioritäten – im Guten wie im Bösen – im Laufe der Zeit verschoben haben und was heute die Konsequenzen sind: Im ‚Ergo Sum‘ werden als Beispiel die 80% der Schmetterlinge, welche sich seit meiner Kindheit hier in Luft aufgelöst haben, angesprochen..
Die vielen, zum Text der beiden Bücher parallel laufenden Bilder dokumentieren wortwörtlich die Entwicklung meiner Sicht auf die Welt. Aber nicht nur die Landschaften tun dies, die Gedichte genauso, ja selbst die Installation lebt von einem Greifen nach etwas, das sich vor mir zusehends aufzulösen schien. Das schmerzhafte Erleben von Vergänglichkeit trieb mich je länger je mehr an, auch wenn ich wusste, dass das Erregen von Aufmerksamkeit, zum Beispiel durch das Zeichnen einer Landschaft, nie Gutes verspricht. Gleichzeitig war die Bedrohung durch die Willkür, nicht nur des weissen Mannes, ein nie endender Ansporn, so etwas wie Erinnerungen für eine ungewisse Zukunft zu schaffen: Denn was weg ist, fehlt nicht, sondern war nie da.. Es sei denn, es gibt mehr als nur ,Abbilder’ davon.
Selbstverständlich ist das Thema jeder Malerei in erster Linie Farbe und die Reduzierung der Malerei auf diese Tatsache hat im 20. Jahrhundert grosse Kunst produziert. In den späten 70er-Jahren erschienen in New York dann zertrümmerte Teetassen auf Leinwänden und damit hatte sich das wohl erledigt. ‚Form follows function‘ bleibt als Echo einer Maxime bestehen, hat aber gerade in der Architektur, wo die Formulierung ja herkommt, seither viel Verspieltes dazu gewonnen. Seither zog der Markt sich auf Variationen von “Die Malerei ist tot..“ zurück und war ganz froh, Kunst, die nicht zu erklären ist, los zu sein. Soziale Kommentare und ihr Aha-Erlebnis wurden zunehmend zentraler, jedoch gibt es auch hier sinnvolle Beispiele.. unter Anderem. Ich fühle mich all dem jedoch in keiner Weise verpflichtet, sondern bin dort, wo ich immer schon war, nämlich bei der Einsicht, dass gerade Rembrandt, unter anderen, auch ein guter abstrakter Maler war und Hokusai [6] sowieso. Ich selbst hatte nie ein Problem damit, die Welt anzusehen und halte weder das noch sie für erledigt und auch kein Widerspruch zu irgendetwas. Beide, die Welt und die Malerei, machen zwar etwas unglückliche Zeiten durch, aber diese Dinge verändern sich, wäre zu hoffen..
So spannend wie die Aufrechnungen von Wirklichkeit während der letzten 150 Jahre, ja selbst nur während der Moderne, waren, haben sie keinen grossen Bezug zu mir und meiner Welt. Oder, um es ganz direkt zu sagen: Die Welt genau anzusehen, solange da noch was zu sehen ist, ist über die Jahre wieder zu einer grundsätzlichen Verantwortung geworden. Das Umsetzen der dritten in die zweite Dimension beinhaltet eine Präzision, und das in einem Sinne, der gerade 3D-Filmen meist fehlt [7]. ‚Sich Zeit nehmen‘, ‚über eine Weile hinzusehen‘, ist keine Verschwendung. Diese Tatsache verblüffte meine Mutter an jenem nächsten Morgen beim Frühstück, nachdem sie, während ich arbeitete, 7 Stunden neben mir den ‚Grand Canyon‘ angesehen hatte und ich sie unschuldig fragte: “Und? Weisst du jetzt, wie er aussieht..?“
So dürfte meine Passion für Räumlichkeit und wie Farben diese sichtbar oder unsichtbar machen, meine hauptsächliche Leidenschaft sein. Wert entsteht dadurch, dass wir Zeit in jemanden oder etwas investieren, denn, ‚Zeit entspricht Liebe‘. ‚Hinsehen‘, ,Zeit verbringen’ ist also auch politischer Widerstand, nicht nur gegen Zerstörung, sondern ebenso sehr gegen die humane Verflachung meiner Zeit.
Aber Sehen hat noch eine andere Dimension, die der Wissenschaft. Die Tatsächlichkeit menschlichen Sehens verläuft allerdings in die Gegenrichtung. Dieser Gesichtspunkt wurde ein wichtiger Einfluss, sobald ich begriff, dass, was wir zu sehen meinen, nur wenig mit dem zu tun hat, was in ‚Wirklichkeit da ist‘, denn es sind Nerven, welche elektrische Impulse in unser Gehirn transportieren, wo sie als Bilder zusammenkommen. Von diesen ‚wissen‘ wir jedoch nicht viel mehr, als dass sie uns erlauben ,hier, auf Erden nieden über die Runden zu kommen’. Auf jeden Fall ist kaum anzunehmen, dass die Welt so aussieht, wie sie uns erscheint.. ‚Sehen‘ ist demnach immer eine eigenwillige Art des Erfindens und jeder tut das auf seine Weise. Für meine Bilder war das ,Label’ Seelenlandschaften so wohl unausweichlich, weil alles, was nicht die Härte und Flächigkeit einer Photographie hat, meist nicht unserer ‚Vorstellung von Dingen’ entspricht und so Misstrauen weckt. Diese Pornographie des Realistischen ist demnach nur noch eine Form des Selbstbetrugs und dafür müssen wir nicht mal den Quantenraum bemühen. So beinhalten denn all die mechanischen ‚Konserven‘ [8] immer einen, oft erheblichen, Verlust, den man bei einer Konsumation berücksichtigen sollte. Nur tut das keiner: Was fehlt, war nie da! Malerei kommt da dem Original eine Spur näher, weil sie gar nicht versucht ist, ‚abzubilden‘ [9], sondern im Gegensatz dazu parallel erschaffen will: Wahrnehmung und Erfindung sind so paradoxe Seiten der selben Medaille.
Meine Ausbildung in englischsprachigen Kunstschulen fand in zwei Grossstädten statt, wo nie genug Zeit war, die Informationsdichte auch nur der Spur nach abzudecken. Es war in der Geschichte des ,Westens’ einer jener seltenen Momente [10], in denen alles in echt, auf dem Serviertablett und praktisch ohne Kosten ‚abgeholt’ werden konnte und ich hatte den Instinkt, mich auf das zu fokussieren, was mich weiterbrachte und das Glück, Menschen anzuziehen, die mich mochten und das mit sachlicher Grosszügigkeit quittierten. So wurde mein Alltag zu einem ständigen Abenteuer. Das brauchte etwas Mut, aber man gewöhnt sich d’ran.. Sicher fällt im Text jenes ‚verschwindenden Planeten‘, wie auch bei meinen Bildern oder Gedichten, meine Wahrnehmung unausweichlich auf mich zurück: Die unterschiedlichen Arbeiten kommentieren immer automatisch all diese Verbindung und schaffen so eine eigene Welt.
Das Theater kam schon in meiner Schulzeit in Basel zu mir, vor allem, weil das damals Gebotene durchgängig aussergewöhnlich war und ich über mein Schreiben uneingeschränkten Zutritt zu dieser Welt bekam [11]. Danach verliess ich allerdings die deutsche Sprache und lebte auf Englisch an Orten, wo Theater noch organischer und selbstverständlicher war, vor allem was Komödien anging..
Im leicht aufwendigeren ‚Ergo Sum‘ kann all das genauer nachgelesen werden, sollte es interessieren, und noch detaillierter im ersten Buch ‚Verführung‘. Mein CV gibt im Gegensatz zu all dem die lineare Ordnung meines Lebens vor. Beides mag helfen, sollte man das Buch in Angriff nehmen wollen.
Die ,Arbeiten auf Papier’, die den Text begleiten, können angeklickt werden, um so zu den Bildern einer jeweiligen Periode oder Örtlichkeit zu gelangen. In der Umkehrung kann durch Anklicken ausserhalb der Bücher der Zusammenhang im Text verfolgt werden. Kunstbezogene Passagen sind in Anthrazit gehalten, die narrativen im üblichen Schwarz.
Zu den lyrischen Texten: Die ‚Tankas‘ [12], welche ,Tau Uta’ ausmachen, entstanden während der Krankheit meiner Mutter [13], noch vor ihrem Tod, die Illustrationen danach. [14]
Der ‚blaue Mond’ verarbeitet diese Situation. Aber die Lyrik tangiert denSchluss des ‚4. Kapitel: Dobee’ nur indirekt.
’Abgesang an Blatt und Kiel‘ entstand gegen Ende der Aids-Krise und thematisiert meine Beziehung zu Bob [15], wobei die ‚emotionale Zuordnung‘ sicher eher ins ‚1. Kapitel: Anna‘ passt, in dem HIV und Beziehungen ein Thema sind. Zeitlich gehört es jedoch gerade vor ‚Kapitel 6: Walti’, als nach meiner Rückkehr das Thema mich einholte, da ich nun wieder auf Deutsch schrieb. ‚Stewart Park‘ beschreibt mein Abschied von Bob auf Englisch..
,Nünnele‘ am Ende von ‚Kapitel 6, Walti‘, wurde eingebunden, weil es damals schon als Kommentar zu den Geschehnissen [16] geschrieben wurde. All dies ist zudem eine emotionale Verknappung meiner Hilflosigkeit angesichts von Selbstzerstörung und Leid [17].
Die Auswahl an Bilder ist auf 12 Ordner verteilt, je nach dem Ort ihrer Entstehung. Jene aus denen Ölbilder wurden sind im Ordner 12 zu finden. All diese Ordner enthalten ‚Bananen’-Texte für jene die lediglich ‚rein und raus hüpfen‘ möchten und trotzdem schnell etwas über den Zusammenhang dieser Blätter erfahren möchten. Diese begleiten allerdings auch den Text der beiden Bücher ‚Auf der Suche nach einem verschwindenden Planeten‘ und können je nach Zusammenhang dort angeklickt werden, wenn man den entsprechenden Ordner einsehen möchte. In den ,Bananen’-Texten in den Ordner gibt es Hinweise, wo in den Büchern diese Zusammenhänge zu finden sind. Auch sie können zurück angeklickt werden. Selbst im Ergo Sum Text ist das möglich, falls man von dort zu den angesprochenen Texten oder Blättern/Bildern hüpfen möchte.. Man kann sich also leicht verlieren und das wäre ja auch keine Tragödie..
Die Website hat also eher was von einem Spaziergang, wenn nicht gar einem ‚Flanieren’, muss also nicht innerhalb einer halben Stunde abgehakt werden [18]. Meine Absicht war, aus einer Website eine Art von digitaler Installation zu machen, also ein ‚Komplex‘, der sich zwar weitgehend aus meiner Biographie speist, aber grundsätzlich eine unabhängige Übersicht der Zeiten, in denen ich gelebt habe, beinhaltet. Ich benutze die Leichtigkeit des Webs gegen den Strich, um mich und meine Arbeit auf eine, insofern vielleicht nicht unbedingt übliche, Art sichtbar zu machen. Das entspricht zwar nicht den Erwartungen, die Browser gewöhnlich an das Medium haben, ist aber kein Grund, diesen Spaziergang abzuschreiben. Das Ganze ist auf jeden Fall etwas, das im Druck so nicht zu haben wäre.